Reiserecht

Das Reiserecht regelt Streitigkeiten zwischen Reiseanbietern und Reisenden anhand der Rechtslage Nicht bei jeder Reise läuft alles von Anfang bis Ende nach Plan. Das Gepäck geht verloren, die Fluggesellschaft streikt ausgerechnet am Abreisetag oder vor dem Hotelzimmer mit versprochenem Meeresblick befindet sich eine Großbaustelle. Solche Vorkommnisse sind besonders ärgerlich in der schönsten Zeit des Jahres, leider aber keine Seltenheit. Es entstehen nicht nur finanzielle Verluste, auch die Lebensqualität kann enorm darunter leiden. Es gibt aber das Reiserecht, das Du als Reisender in Anspruch nehmen kannst. Viele Reiserechte sind inzwischen EU-einheitlich festgelegt. Wir beantworten Dir die wichtigsten Fragen in puncto Reiserecht bzw. Rechtslage bei Urlaubsreisen:

 

Was bedeutet deutsches Reiserecht bzw. EU-Reiserecht?

Eine interessante Information vorab, die nachdenklich stimmt: Trotz der extremen Reiselust der deutschen Bevölkerung mit über 70 Mio. Reisen im Jahr und einem Tourismus als eigener Wirtschaftszweig verfügt die sonst so Bürokratie lastige Republik über kein einheitliches Gesetz für ein deutsches Reiserecht.

Beim Begriff „Deutsches Reiserecht“ handelt es sich also um einen Teilbereich des Verbraucherrechts, welcher sich mit den Vorgaben zur rechtlichen Beziehung zwischen Reisenden und Reiseunternehmen befasst.

Nationale Vorschriften bezüglich der Rechte von Reisenden ergeben sich in Deutschland vor allem aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

So ist beispielsweise bei einem Beförderungsvertrag (Bahnfahrt oder Flugreise) das Recht des Landes anzuwenden, in dem der Reisende seinen Wohnsitz hat und Anfang oder Ende der Fahrt in Deutschland liegen. Andernfalls greift das Recht des Sitzes des Beförderungsunternehmens.

In der EU ist das Reiserecht seit 2004 zentral geregelt. Grundlage hierfür ist die Verordnung (EG) Nr. 261/2004, welche sich mit den Regelungen für Ausgleichszahlungen und Leistungen für Fluggäste bei Nichtbeförderung, Annullierung oder Flugverspätung befasst.

Am 1. Juli 2018 trat ein neues europäisches Reiserecht in Kraft, die sogenannte Pauschalreiserichtlinie. Umgesetzt werden die EU-Vorgaben in den Paragrafen 651 a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es soll dafür sorgen, dass Kunden bei ihrer Urlaubsbuchung über mehr Rechtssicherheit und Transparenz verfügen.

Diese Richtlinie beinhaltet u. a. folgende Neuerungen:

  • Insolvenzschutz bei Pauschalreisen: Durch das das neue Reiserecht sind getätigte Zahlungen selbst dann geschützt, wenn der Reiseanbieter pleitegeht.
  • Ein 14-tägiges Widerrufsrecht ermöglicht Dir als Reisender ein Recht auf den Rücktritt vom gebuchten Urlaub innerhalb dieser Zeitspanne ohne Stornogebühren.
  • Die Mitgliedsstaaten der EU verpflichten sich auf eine verbesserte Informationsdichte vor dem Vertragsschluss und die Einführung von standardisierten Informationsblättern bei Pauschalreisen.
  • Die Reklamationsfrist für Reisemängel verlängert sich auf 2 Jahre. Trotzdem musst Du als Reisender vor Ort einen Mangel sofort anzeigen, den Veranstalter informieren und ihn auffordern, diesen zu beheben.

Wichtig zu wissen:

Bei der Buchung einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter bzw. das Reisebüro verpflichtet, Dir das aktuelle Informationsblatt über die bestehenden EU-Rechte auszuhändigen. So kannst Du Dich im Detail informieren, auf welche Rechte Du zurückgreifen kannst, wenn was schief geht.

 

Welche Rechte habe ich bei Pauschalreisen?

Pauschalreisen sind im Reiserecht klar definiert Grundsätzlich gilt für alle innerhalb der EU abgeschlossenen Pauschalreisen die oben erklärte EU-Richtlinie für europäisches Reiserecht. Darüber hinaus gibt es grundlegende Fakten, die Du kennen solltest, wenn Du Dich für diese Reiseform entscheidest:

Grundsätzlich ist der Reiseveranstalter für die vereinbarte und mangelfreie Erbringung der vertraglich geregelten Reiseleistungen verantwortlich. Das vermittelnde Reisebüro haftet somit nicht für die Erbringung der von ihm vermittelten Pauschalreise, in der Plicht steht der Veranstalter.

Reisemängel liegen dann vor, wenn die vor Ort vorgefundenen Bedingungen deutlich von denen im Vertrag vereinbarten abweichen. Reisemängel musst Du unmittelbar vor Ort anzeigen und dokumentieren und dem Reiseveranstalter mitteilen. Dieser ist zur Abhilfe verpflichtet.

Die Beseitigung des Mangels kann ein Reiseveranstalter nur ablehnen, wenn ihm dies nicht oder ausschließlich mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre. Kommt der Reiseveranstalter der Notwendigkeit der Mängelbeseitigung nicht nach, kannst Du als Pauschalurlauber diesen selbst beseitigen und Dir die Kosten hierfür erstatten lassen.

Beispiel:
Vor Deinem Hotelzimmer ist unzumutbarer Baulärm oder Du findest Bettwanzen. Dein Reiseveranstalter und das Hotel reagieren nicht sofort und stellen Dir keine gleichwertige Alternative zur Verfügung. Dann hast Du das Recht, Dich vor Ort selbst nach einem anderen Hotel zu bemühen. Die Kosten hierfür muss Dein Reiseveranstalter tragen.

Besteht seitens des Auswärtigen Amts eine Reisewarnung für Dein Urlaubsziel, hast Du das Recht, die Reise abzusagen. Der Veranstalter ist verpflichtet, den Reisepreis zu erstatten – ohne Berechnung von Stornogebühren. Dies gilt ebenfalls, wenn Du die Reise antrittst, aber das touristische Angebot vor Ort erheblich eingeschränkt ist, z. B. durch Sperrung von Stränden oder Restaurants.

Reisestornierungen: Bis zum Tag Deiner Abreise kannst Du von einer Pauschalreise jederzeit zurücktreten. Allerdings hast Du nicht automatisch das Recht auf Kostenerstattung. In einigen Fällen bekommst Du die Reisekosten erstattet, z. B. wenn höhere Gewalt im Spiel ist. Bei Stornierung wegen Krankheit kann eine Reisezusatzversicherung die Rettung sein.

Tipp:
Ausführliche Informationen zum Thema Stornierungen findest Du in unseren Beiträgen:Stornierung von Reisen

Reisekrankenversicherung

Ein wichtiger Vorteil bei der Buchung von Pauschalreisen ist der Insolvenzschutz. Dieser schützt Dich gegen eine plötzliche Insolvenz des Pauschalreiseveranstalters. Ist die Fluggesellschaft oder das gebuchte Hotel insolvent, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, Dich auf seine Kosten umzubuchen.

Ausnahmen bestätigen die Regel:
Das Pauschalreiserecht gilt nicht für alle Reiseverträge, auch wenn es sich von der Buchungsform um Pauschalreisen handeln würde. Ausgeschlossen sind z. B.

  • Verträge über Reisen, die nur gelegentlich und mit einem begrenzten Personenkreis angeboten werden und nicht der Gewinnerzielung dienen (z. B. Firmenausflüge, welche der Betrieb selbst organisiert).
  • Tagesreisen, d. h. Reisen, welche weniger als 24 Stunden dauern, keine Übernachtung beinhalten und sich der Reisepreis sich auf höchstens 500 Euro pro Person beläuft.
  • Verträge über Geschäftsreisen von Unternehmern, die auf der Grundlage eines Rahmenvertrags für die Organisation von Geschäftsreisen geschlossen werden.
  • Eine Pauschalreise liegt vor, wenn mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen miteinander kombiniert werden. Wenn Du bei einem Pauschal-Reiseveranstalter z. B. nur ein Ferienhaus oder eine Wohnung buchst, genießt Du nicht mehr den umfangreichen Schutz des Pauschalreiserechts. Hier greift alternativ das Mietvertragsrecht, welches Dir als Reisenden aber weniger Rechte einräumt.

 

Wie ist die Rechtslage bei Individualreisen?

Um eine Individualreise rechtlich abzusichern, müssen einige Punkte beachtet werden Individualreise bedeutet, Du stellst einzelne Reisekomponenten wie Flug, Hotel, Ferienwohnung oder Mietwagen selbst oder über einen Reisevermittler zusammen. Es handelt sich also um kein fertiges Paket, sondern um eine eigene „Reisekreation“.

Wichtige Information vorab:
Für Individualreisen gelten die EU-Richtlinien nicht, diese sind für Pauschalreisende vorbehalten!

Bei Individualreisen entstehen mehre Verträge zu verschiedenen Vertragspartnern, z. B. ein Beförderungsvertrag mit Bahn oder Fluggesellschaft, ein Mietvertrag für die Ferienwohnung etc. Dies macht die Rechtslage komplizierter, denn jeder Vertrag hat seine eigenen Regeln und Rechtsgrundlage.

Im Gegensatz zu Pauschalreisen entstehen hier auch in der Summe der Verträge kein Gesamtreisevertrag im Sinne des DGB. Das Reisevertragsrecht findet also keine Anwendung.

Speziell bei Reisen außerhalb der EU hast Du als Individualreisender weniger Aussichten auf z. B. Ersatzzahlungen, es gelten die Regeln vor Ort. Der Reiseveranstalter ist hier nicht zuständig.

Im Falle einer Stornierung ist es notwendig, jeden der einzelnen Verträge individuell zu betrachten und zu bewerten. Hierfür sind die einzelnen Vertragspartner zuständig. Auch die bei Pauschalreisen häufige Variante, einen „Ersatzreisenden“ zu stellen, fällt bei Individualbuchungen flach. Bei Beschwerden musst Du Dich direkt an den jeweiligen Vertragspartner wenden.

Vorsicht: Wenn Du über Buchungsportale Verträge machst, z. B. trivago.de, check24.de, etc. musst Du damit rechnen, dass kein deutsches Recht angewendet werden kann, auch wenn der Vermittler seinen Sitz in Deutschland hat. Denn: Bei der Buchung über Buchungsportale unterschreibst Du zwei Verträge:

  • einen Vermittlungsvertrag mit dem Portal
  • einen Reisevertrag mit z. B. dem Hotel, der Fluggesellschaft oder der Mietwagenfirma

In einigen Fällen treten Portale allerdings als Reiseveranstalter auf und sind entsprechend haftbar.

Bei Ausfall der Reise aufgrund einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt nicht – wie bei Pauschalreisen – automatisch die Klausel des kostenlosen Nichtantritts der Reise. Es hängt bei Individualreisen immer vom jeweiligen Vertragspartner ab. Erkundige Dich also bei der Planung einer Reise in gefährdete Länder immer schon vorab.

Tipp: Als Individualreisender empfiehlt sich eine gute Reiserücktrittsversicherung bzw. eine Rechtsschutzversicherung, die das Reiserecht im Leistungsspektrum enthält.

 

Was bedeutet der Begriff erhebliche Mängel im Reiserecht?

Eine Baustelle direkt neben dem Hotel kann einen erheblichen Mangel darstellen. In diesem Fall hilft das Reiserecht dabei, Ansprüche geltend zu machen Möchtest Du eine Reisepreisminderung durchsetzen oder den bereits gezahlten Reisepreis zurückerhalten, müssen sogenannte „erhebliche Mängel“ Deinen Urlaub enorm beeinträchtigt haben. Klingt erst mal schwammig, deshalb einige Fakten, die Du wissen solltest:

Eine erhebliche Mangellage und damit verbundene Beeinträchtigung besteht dann, wenn die weitere Reisedurchführung zwar noch möglich ist, aber eine wichtige Teilleistung gar nicht erbracht wird oder die zentrale Leistung (z. B. die Unterbringung) schwerwiegende Mängel aufweist. So sieht es die EU-Richtlinie für Reiserecht vor.

Grundlage ist immer der vereinbarte Leistungsumfang im Reisevertrag. Nicht vereinbarte Leistungen können nicht bemängelt werden.

Beispiel:
Eine Familie mit Kleinkind bucht ein Doppelzimmer. Sie bekommt kein Zustellbett fürs Kind. Nur wenn dies im Vertrag explizit aufgeführt wurde, haben sie Anspruch auf Minderung der Kosten oder auf Beschaffung des Zustellbetts.

Reisemängel können vielseitig sein. Einige häufige Beispiele sind:

  • Ungeziefer im Hotelzimmer (Schaben, Bettwanzen etc.)
  • Pool oder Klimaanlage sind kaputt
  • Starker Baulärm
  • Schimmel
  • Nicht Stattfinden von vertraglich vereinbarten Ausflügen, Veranstaltungen etc.

Die Höhe der Minderung ist abhängig von der Art und Stärke der Beeinträchtigung. In der sogenannten Frankfurter Tabelle steht geschrieben, bei welchen Mängeln wie entschädigt wird. Sie ist kein festgeschriebenes Gesetz, lediglich ein Anhaltspunkt. Denn: Da der Begriff „Mängel“ schwer mathematisch greifbar ist, gibt es natürlich eine Reihe Grauzonen. Entschieden wird immer im Einzelfall.

Unannehmlichkeiten hingegen musst Du als Reisender hinnehmen. Diese sind beispielsweise:

  • Kinderlärm
  • Spinnweben
  • Zu wenig Handtücher oder Badutensilien
  • Schlecht gelauntes Personal etc.

Wichtig:

Dokumentiere alle Mängel (Fotos, Videos, Listen etc.) – am besten vor Zeugen.

Beschwere Dich unmittelbar vor Ort und setzte die Reiseleitung bzw. den Veranstalter in Kenntnis.

Lass Dir die Beschwerde schriftlich bestätigen.

Info für Individualreisende: Die Frankfurter Tabelle greift zwar in erster Linie in Kombination mit der EU-Regelung für Pauschalreisen. Trotzdem kannst Du Dich im Falle eines Rechtsstreits mit dem jeweiligen Vertragspartner darauf berufen, letztendlich entscheidet im Einzelfall das Gericht.

Was bringt eine Reisezusatzversicherung?

Durch gewisse Reisezusatzversicherungen lassen sich gewisse Vorkommnisse wie z.B. Unfälle auf Reisen absichern Für die Absicherung eines Auslandsaufenthaltes existieren eine Reihe von Reisezusatzversicherungen. Oft werden diese schon bei Abschluss der Reisebuchung seitens des Veranstalters mit angeboten. Doch nicht jede Versicherung ist bei jeder Reise notwendig:

Die Reisekrankenversicherung verhilft Dir zu dem Recht der Kostenübernahme für die medizinische Versorgung bei Unfall und Krankheit auf Reisen. Sie macht bei jeder Reise Sinn, denn selbst innerhalb der EU sind über die gesetzlichen Krankenkassen einige Leistungen, z. B. Rücktransport nicht impliziert.

Die Reiserücktrittsversicherung beinhaltet das Recht auf Übernahme der Stornokosten. Sie ist nur dann sinnvoll, wenn im Buchungsvertrag eventuelle Stornokosten vorgesehen sind.

Die Reiseabbruchversicherung ist die Erweiterung der Reiserücktrittsversicherung und garantiert das Recht auf Kostenerstattung bei vorzeitiger Rückreise.

Die Insolvenzversicherung verleiht dem Kunden das Recht auf Kostenerstattung bei Insolvenz des Reiseunternehmens oder der gebuchten Vertragspartner (Hotels, Fluggesellschaften etc.)

Info:

Bei Pauschalreisen ist eine Insolvenzversicherung überflüssig. Die Reiseveranstalter sind seit der erweiterten EU-Rechtsverordnung von 2018 verpflichtet, durch einen Sicherungsschein den Kunden im Falle der Insolvenz abzusichern.

Wichtig: Vor der Übergabe des Sicherungsscheins musst Du als Reisender keine Zahlungen an den Veranstalter leisten.

Die Reiserechtschutzversicherung enthält dieselben Leistungen wie eine klassische Rechtsschutzversicherung, allerdings nur für Rechtsstreitigkeiten bezüglich Reisen. Während Du bei Pauschalreisen weitgehend über den Veranstalter abgesichert bist, empfiehlt sich diese Versicherung für Individualreisende.

Die Reisehaftpflichtversicherung ist für lange Auslandsaufenthalte sinnvoll, oder für besondere Aktivitäten, die über eine Privathaftpflicht nicht abgedeckt sind.

Die Reiseunfallversicherung verleiht Dir das Recht auf die Erstattung finanzieller Schäden bei einem Unfall auf Reisen.

Die Reisegepäckversicherung übernimmt Kosten, wenn das Gepäck unterwegs abhandenkommt oder beschädigt wird. Das Kosten-Nutzen-Risiko solltest Du im Einzelfall abwägen.

Info:

Reiseversicherungen werden entweder einzeln oder als Gesamtpaket angeboten. Mach Dir die Mühe, beide Varianten zu vergleichen.

Überlege genau, welche Versicherungen notwendig sind. Oftmals gilt eine klassische Rechtsschutzversicherung auch für Reiseangelegenheiten. Als Pauschalreisender bist Du weitgehend über den Veranstalter abgesichert.

Tipp: Anbieter kostenloser Reisekreditkarten bieten im Rahmen ihrer Zusatzleistungen ebenfalls Rechtsschutz bzw. Reiseversicherungen an.

 

Was habe ich für Reiserechte als Fluggast bzw. Fahrgast?

Als Reisender ist es von Vorteil, sich mit seinen Flug- und Fahrgastrechten auszukennen, um etwaige Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen zu können Flugausfälle, Verspätungen, Bahnstreik, Überbuchungen – all dies sind leider keine Einzelfälle und lassen die Urlaubsfreude schon zu Beginn der Reise eintrüben. Was habe ich als Reisender für Rechte für einen angemessenen Ausgleich bzw. Kostenerstattung?

 

Passagierrechte bei Flugreisen

In der Fluggastrechteverordnung Nr.261/2004 der Europäischen Union (EU) sind die Rechte der Passagiere festgeschrieben. Darauf einigten sich im Februar 2004 das Europäische Parlaments und der Europarat. Es ist eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung, bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.

Die EU-Verordnung gilt:

– für alle Flüge, die innerhalb der EU starten – unabhängig davon, wo die Fluggesellschaft ansässig ist.

– für alle in der EU landenden Flüge, vorausgesetzt, die Fluggesellschaft hat ihren Hauptsitz in der EU.

Wichtigste Regelungen in der Zusammenfassung:

– Wird ein gebuchter Flug annulliert oder fällt aus, hast Du als Fluggast Anspruch auf eine Entschädigung (Ausgleichszahlung). Die Entschädigungsbeträge liegen abhängig von der Distanz des Fluges zwischen 250 Euro und 600 Euro.

– Bei Flugverspätungen von über 3 Stunden greift ebenfalls das Recht auf eine Entschädigung.

– Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich nach der Distanz des Fluges.

Unabhängig davon, ob es sich um eine Pauschal- oder Individualreise handelt, kannst Du gemäß der EU-Verordnung Deine Ansprüche direkt bei der Fluggesellschaft stellen.

Vorsicht:

Eine Entschädigung muss nicht bezahlt werden, wenn der Fluggast 14 Tage oder länger vor dem Termin über den Ausfall informiert wurde.

 

Fahrgastrechte bei Bahnreisen

Wenn der gebuchte Zug ausfällt oder Verspätung hat, so hast Du als Bahnreisender unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf angemessene Entschädigung. Diese Regelung wurde 2009 in einer EU-Verordnung festgelegt und 2020 ausgeweitet:

Bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde beträgt der Anspruch auf Entschädigung 25 % des Fahrpreises.

Ab 2 Stunden Verspätung am Zielbahnhof beträgt die Entschädigung 50 % des Fahrpreises.

Hast Du die Reise noch nicht angetreten, kannst Du diese stornieren und Dir die Kosten erstatten lassen. Dies gilt aber nur, wenn zu erwarten ist, dass der Zug mit einer Verspätung von über einer Stunde am Zielbahnhof ankommen wird.

In seltenen Fällen hast Du sogar Anspruch auf ein Taxi oder auf eine Hotelübernachtung. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise bei einer geplanten Ankunft zwischen 0 und 5 Uhr nachts der Zug mindestens eine Stunde später ankommen würde oder wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und der Zielbahnhof bis 24 Uhr nicht mehr anders erreicht werden kann.

Wenn Du durch den Ausfall oder die Verspätung der Bahn einen Flug verpasst, hast Du gegenüber der Bahngesellschaft keinen Anspruch auf Entschädigung über die geltenden Sätze hinaus. Ist die Bahnreise Teil eines Pauschalurlaubs, kannst Du eventuell Umbuchungskosten nach dem Verpassen eines Flugs vom Reiseveranstalter fordern.

 

Wie ist die Rechtslage bei höherer Gewalt?

Durch den Einfluss von höherer Gewalt, wozu z.B. Naturkatastrophen zählen, lassen sich Reisen in der Regel stornieren, ohne dass dabei die Kosten zu tragen sind In Zeiten von Klimawandel, Terror und Pandemien wird das Thema „höhere Gewalt“ im Zusammenhang mit Reisen immer aktueller. Es stellt sich die Frage: Was passiert, wenn es mich bzw. meine Reise trifft? Kann ich eine Reise deswegen stornieren? Wer bezahlt? Hier einige Fakten:

Die Definition „höhere Gewalt“ gemäß Reiserecht ist im BGB festgelegt. Sie beschreibt ein von außen kommendes und unabwendbares Ereignis, welches durch Naturkräfte oder Handlungen Dritter herbeigeführt wird. Das Ereignis ist zum Zeitpunkt der Buchung und des damit einhergehenden Abschlusses des Reisevertrages nicht voraussehbar und nicht verhinderbar.

Beispiele für das Eintreten höherer Gewalt sind:

  • Naturkatastrophen
  • Terroranschläge
  • Stromausfall
  • Unangekündigte Streiks
  • Epidemien / Pandemien

Fällt ein Ereignis gemäß Reiserecht unter die Kategorie „höhere Gewalt“, kannst Du als betroffener Reisender oder auch der Veranstalter die Reise gemäß § 651j Abs. 1 BGB kündigen. Du erhältst den Reisepreis zurück, ohne dass dabei Stornogebühren anfallen. Juristen sprechen hier von einer Rückabwicklung.

Ein zusätzlicher Anspruch auf Schadensersatz besteht allerdings in der Regel nicht.

Geschieht während der Reise ein unvorhersehbares Ereignis, z. B. eine Naturkatastrophe, sodass ein Reiseabbruch notwendig wird, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Rückreise sicherzustellen. Die dabei entstehenden zusätzlichen Kosten teilen sich Reisender und Veranstalter.

Wichtig zu wissen:

Ein Streik beim Veranstalter oder einem Leistungsträger wie z.B. Busunternehmen bei Rundreisen, Hotel- oder Campingplatzpersonal gilt nicht als höhere Gewalt.

Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt als ausreichender Beweis für die Tatsache der höheren Gewalt. In anderen Fällen wie z.B. Unwetter etc. muss im Einzelfall entschieden werden.

Vorsicht:

Wenn Du trotz einer bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amtes eine entsprechende Reise buchst, gehst Du nach aktueller Rechtsprechung bewusst ein höheres Risiko ein.

In diesem Falle ist ein Rücktritt vom Vertrag mit der Begründung „höhere Gewalt“ gemäß Reiserecht nicht möglich.

Bei erheblichen Flugverspätungen durch höhere Gewalt hast Du gemäß der geltenden Fluggastrechte Anspruch auf Versorgungsleistungen. Diese sind unter anderem Mahlzeiten, Getränke und die Möglichkeit zur Telekommunikation.

Die gesetzlichen Ansprüche für den Fall der höheren Gewalt gelten immer, wenn Du einen Buchungsvertrag über einen Reiseveranstalter abgeschlossen hast. Bei privaten Hotelreservierungen besteht dieser Anspruch nicht automatisch, kläre diese Klausel vor der Reservierung ab.

 

Was ist zu tun, wenn ich mein Reiserecht einfordern will?

Wer nach dem Reiserecht eine Entschädigung geltend machen will, sollte die Mängel entsprechend dokumentieren und diese baldmöglichst beim Reiseveranstalter melden Dass Du als Reisender einige Rechte hast, steht außer Frage. Doch wie ist die Vorgehensweise, um diese durchzusetzen? Was ist zu tun, um eine Entschädigung zu erhalten und wo gibt es Hilfe?

 

Wie gehe ich vor?

Entdeckst Du während der Reise einen Mangel, solltest du unverzüglich handeln:

  • Dokumentiere den Mangel, bestenfalls vor Zeugen.
  • Melde den Reisemangel vor Ort, z. B. beim zuständigen Hotelmanager sowie – sofern es sich um eine Pauschalreise handelt – bei Deinem Reiseveranstalter am Reise Ort.
  • Zeige den Mangel zügig nach der Rückkehr beim heimischen Veranstalter an und verlange die Dir zustehende und vertraglich vereinbarte Erstattung. Lehnt der Veranstalter die Gewährleistung ab, hast Du die Möglichkeit, einen Anwalt zu konsultieren und die Ansprüche gerichtlich einzufordern.

Bei Flug / Bahnverspätungen oder Ausfällen ist es wichtig, schnell zu handeln. Alle großen Fluggesellschaften und die DB haben inzwischen Serviceportale bzw. Apps. Hier werden mögliche Alternativen in Echtzeit angezeigt. Hast Du online gebucht, kannst Du eventuell eine Alternative buchen oder online das Geld für das Ticket einfordern.

Beweismittel sammeln: Falls es Probleme bei der Rückerstattung gibt und es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, solltest Du gut vorbereitet sein, um Deinen Standpunkt begründen zu können. Sammle alles, was mit dem Vorfall in Zusammenhang steht, z. B. Fotos / Videos der Reisemängel, ein Screenshot von der Verspätungsapp oder die Adresse etwaiger Zeugen.

 

Wo kann ich meine Ansprüche geltend machen?

Pauschalreisen: Hast Du einen Buchungsvertrag für eine Pauschalreise, kannst Du sämtliche rechtlichen Ansprüche aus dem Reiserecht gegenüber dem Reiseveranstalter einfordern. Dies ergibt sich aus dem Reisevertragsrecht laut § 651a BGB.

Individualreisen: Hast Du eigene Verträge für Beförderung und Unterkunft abgeschlossen, sind die Ansprüche, welche sich aus Mängeln oder anderen Gründen ergeben, direkt beim jeweiligen Vertragspartner durchzusetzen. Bei einer privaten Direktbuchung gelten im Ausland die nationalen Vorgaben des Reiselandes und nicht das Reiserecht aus Deutschland.

Versicherungsfälle: Handelt es sich um einen Vorfall, bei welchem eine Reiseversicherung greift, z. B. Gepäckverlust oder Unfall im Ausland, ist es wichtig, diese umgehend telefonisch und schriftlich zu informieren.

 

Wo kann ich meine Ansprüche geltend machen?

Wenn Du Deine Reise als Verbraucher gebucht hast, d. h. zu privaten Zwecken, hast Du bei Problemen die Möglichkeit, Dich an die Verbraucherzentralen zu wenden. Kontaktadressen, Ansprechpartner und weitere Informationen hierzu findest Du im Internet unter: www.verbraucherzentrale.de

Alternativ zum gerichtlichen Verfahren existiert die Möglichkeit der Schlichtung: Die Verbraucherschlichtung ist eine Form der Streitbeilegung, die oftmals schneller, billiger und mit wenig Aufwand verbunden ist. Informationen gibt es in der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz herausgegebenen Broschüre „Neue Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher“ oder bei der allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e. V. in Kehl (www.verbraucher-schlichter.de).

Letztendlich hast Du die Möglichkeit, selbst gerichtlich Dein Recht zu erwirken. In diesem Fall ist eine Rechtsschutzversicherung von Vorteil.